Stefan Werding schrieb am 7.05.01 in den Westfälischen Nachrichten

Schon Opa - aber nicht alt
Herman van Veen ist seiner zärtlichen Sprache treu geblieben



MÜNSTER .
Herman van Veen ist 0pa. Herman van Veen benutzt einen Krückstock. Herman van Veen ist alt geworden. Sagt er. Aber die Glatze ist noch groß wie immer, die Haare sind noch so lang wie bei der Geburt seiner Tochter („Ein Supermädchen", über das er vor 33 Jahren "Kleiner Fratz" geschrieben hat) und - das ist entscheidend - seine Lieder sind noch genauso wehmütig und humorvoll, erfrischen und irritierend zugleich. Wie immer. Van Veen ist sich treu geblieben. Zum Glück. Er singt nicht nur ein Lied nach dem anderen. Er erzählt in seiner zärtlichen Sprache wunderschöne Geschichten.

Der 56-jährige Liedermacher und Clown, Geschichtenerzähler und Geiger, Tänzer und Kasper war am Wochenende in Münster - und hat zum Auftakt für seine Gäste eine gut zweistündige Show auf die Bühne gebracht, die sie mit stehenden Ovationen und sechs, sieben Zugaben belohnten.

Ein kleines Häufchen Unentwegter holte seinen Liebling mit halbstündigen Zugaberufen noch mal auf die Bühne, als die anderen Konzertbesucher schon längst wieder auf dem Weg nach Hause waren oder den Musiker zumindest schon unter der Dusche wähnten. Doch van Veen legte noch mal nach.


Der Niederländer singt über Themen, die nicht gerade einen vergnüglichen Abend versprechen: Das Leben ist eine „ablaufende Angelegenheit", „die Wahrheit ist viel besser zu ertragen, wenn sie klingt" und über das „Mädchen mit Magersucht". Aber van Veen singt auch über die Liebe, über Geborgenheit, über Vertrauen. Er macht sich lustig, verspottet die Oper, die so schön wäre, „wenn es keine Sänger gäbe", lässt sich für ein paar hysterische Kreischer aus dem Publikum dazu hinreißen, wie einst Blödelbarde 0tto über die Bühne zu hopse. Und so vergossen die Besucher ihre Tränen über schreiend komische Geschichten genauso wie über seine trübseligen Lieder.


Das der Poet dabei nicht in nur warme Worte macht, hat er zwischen den beiden Konzerten am Freitag und Samstag bewiesen. Ohne Rummel kam er mit zwei Musikerinnen ins Hospiz Lebenshaus in Münster, um mit den Kranken dort zu singen. Damit sorgte er bei den Kranken für glänzende Augen, wie ein Pfleger gestern erzählte. Für Patienten ein Glücksfall. Für-Herman van Veen Ehrensache.

Stefan Werding





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