Mark Daniel schreef 7 maart 2001 in de Leipziger Volks Zeitung

Fantastisches Kaleidoskop aller Gefühle dieser Welt


Herman van Veen in der Oper



Auf der Bühne steht ein altes Kind. Herman van Veen lacht mit der Verstohlenheit eines Knirpses, der gerade das Fußball-Siegtor per Hand erzielt hat, ohne dass es der Schiedsrichter bemerkte. Der lange Clown freut sich, dass er es mal wieder geschafft hat: Sein Publikum in der Oper erneut lauthals lachen zu lassen und Sekunden später schmerzhafte Stille über die Ränge zu legen.

Was van Veen gestern Abend in das ausverkaufte Haus am Augustusplatz gezaubert hat, war ein fantastisches Kaleidoskop aller Gefühle dieser Welt - großartig begleitet von Streichern, Klavier (sein alter Kompagnon Erik van der Wurff), Gitarre, Harfe und Percussion. Begrüßungslos begann der 51-Jährige mit dem zarten "Du, ich lieb Dich", lieferte sich hernach ein Geigenbogen-Gefecht mit der schönen Jann, um wenig später dieses nachdenkliche Plädoyer für die Musik zu halten: "Die Wahrheit ist besser zu ertragen, wenn sie klingt."

Van Veen ist der liebevolle, schlitzohrige, melancholische Hofnarr auf dem verrottenden Areal des Grand Hotel Deutschland, an dem die braune Fassade nachgestrichen wird und der soziale Fahrstuhl zum dümmlichen Grinsen des Liftboys in den Keller rast.

Je älter das Kind Herman wird, um so zärtlicher, poetischer wirkt es. Der Künstler blättert sein Leben auf, erzählt Geschichten von Onkel Franz, seinem verstorbenen Vater, seinem Empfinden als frischgebackener Opa ("eine Begegnung mit der Unschuld"), er singt Hymnen auf alle Verlierer. Auch die köstliche Ein-Mann-Parodie auf die Oper ist wieder dabei - da spielt der Harlekin den gemeuchelten Sopran, den mordlustigen Tenor und den Chor hintereinander weg. Ein Mann, der sich auf dem Boden wälzen und die Hosen fallen lassen kann, ohne dabei peinlich zu wirken. Er braucht nur diesen hintersinnigen Blick, um seine Fans zu amüsieren. Erbarmungslos, wie er ist, folgt unmittelbar ein jiddisches Lied "für alle, die diese ermordete Sprache vermissen".

Die Bühne ist für den uneitlen Vater der Kinderfigur Alfred J. Kwak kein Selbstdarstellungs-Podium, sondern eine bunte Spielwiese, die Klebefläche fürs augenzwinkernde Abziehbild der Wirklichkeit. Über zweieinhalb Stunden lang beschenkt er seine Besucher, die ihn zum Schluss stehend feiern wie eh und je. Umwerfend.



Mark Daniel

P.S.: Auch das zweite Konzert van Veens (heute, 20 Uhr) ist ausverkauft





terug naar de index