Susanne Schramm schreef 6 mei 2005 in de Achener Zeitung


Zärtliche Lieder umfassen eine ganze Welt

Wuppertal. Dieser Mann ist gut behütet. Nicht einen, nicht zwei oder drei, sondern gleich sieben Hüte balanciert er auf seinem Kopf.


Ehe der Turm aus schwarzem Filz demontiert wird, ehe Herman van Veen Hut um Hut vor denen zieht, die es verdient haben, vergehen mehr als drei Stunden. Jetzt startete der niederländische Geschichtenerzähler, Clown und Liedermacher in der Wuppertaler Stadthalle seine Deutschlandtournee. Sie wird ihn 2005/2006 durch mehr als 75 deutsche und österreichische Städte führen.

Hermann van Veen hat gleich zweimal etwas zu feiern: Am 14. März ist er 60 Jahre alt geworden, seit 1965 steht er auf der Bühne. In der Wuppertaler Stadthalle, einer prachtvollen Schmuckschatulle aus der Jahrhundertwende, feiern 1200 Fans mit ihm.

Das Jubiläums-Programm «Hut ab!» ist Dankeschön, Resümee und Zeitreise zugleich. Begleitet wird der kahlköpfige Mann mit den großen, blauen Kinderaugen von seinem Wahlbruder Erik van der Wurff (Piano), den er 1962 auf dem Utrechter Konservatorium kennen lernte, Edith Leerkes (Gitarre/Gesang), Wieke Garcia (Percussion/Gesang) und Jannemien Cnossen (Geige/ Gesang). Glaubt man dem 60-Jährigen, so ist sein Repertoire simpel: «Baum. Haus. Straße. Papa. Mama. Frau. Mann». Sieben Begriffe, die Welten umfassen.

Sie handeln von Vätern, Schulaufgaben und Liebeskummer, von Kinderfreuden, Kriegsleid und kritischen Blicken in den Spiegel, von den Vergessenen, den Begehrten und den Vermissten.

Es gibt viele neue Lieder von der im März erschienenen CD «Hut ab!», doch auch für Altes ist Platz: Für das mitfühlende «Kyrie Eleison», von früheren Live-Konzerten her vie-len vertraut, für den «Kleinen Fratz», der seit «Ich hab' ein zärtliches Gefühl» (1972), der ersten van-Veen-Platte, die in Deutschland herauskam, unvermindert stolz und kühn auf seinem Kinderrad strampelt oder für anrührende Geständnisse wie «Alles, was ich hab'».

Die Stimme hat nichts von ihrer Kraft, ihrer Poesie und ihrem Timbre verloren. Dazwischen erzählt van Veen Geschichten: vom Vater, der Mutter und vom Onkel Franz, von Enkel Sebastian, dem Dilemma, als kleiner Junge in zwei Mädchen verliebt zu sein, oder den Unterschieden zwischen Niederländern und Deutschen, die es eigentlich gar nicht gibt.

Er kritisiert Gott, macht sich für Kinder stark und verurteilt George Bush. Er zaubert, strippt oder mutiert zur Ente. Glitzerkonfetti, Pingpongbälle und Wasserfontänen sprühen über die Bühne, Dudelsack, Harfe und eine imaginäre Panflöte erklingen, ein faselnder Säufer, ein irrer Pianist und ein kleiner Junge, der furchtbares Heimweh hat, treten auf. Erst nach zehn Zugaben beendet er sein grandioses Konzert.

Von unserer Mitarbeiterin Susanne Schramm (06.05.2005)