Frederik Lang schreef 4 februari 2002 in de Main Rheiner
Die Vergangenheit ist für immer dahin
Herman van Veen begeisterte bei seinem Gastspiel im Rüsselsheimer Stadttheater
RÜSSELSHEIM
Sie wollten ihn einfach nicht gehen lassen.
Es ging schon auf 23 Uhr zu, man befand sich mitten in den Zugaben und
es sollte immer noch eine mehr sein. Herman van Veen ließ sich nicht lumpen,
ließ sich auch ein wenig feiern und das völlig zu recht. Der Liedermacher aus
dem holländischen Utrecht und sein Ensemble boten am Freitagabend im Stadttheater
ein gutes, weil musikalisch hervorragendes, komödiantisch ansprechendes und
textlich kritisches Programm. </B>
Von unserem Mitarbeiter Frederik Lang Dabei
sollte man gleich vorneweg schicken, dass sich beileibe nicht alles um den
Erfinder der Zeichentrickfigur Alfred Jodocus Kwak drehte, jener vielmehr
seinen hervorragenden Musikern ausreichend Gestaltungsmöglichkeiten ließ,
vielleicht um zwischendurch selbst ein wenig Luft schöpfen zu können. Die
brauchte er auch, fuhrwerkte er doch mitunter wie ein Wilder auf der Bühne
herum, wenn er tänzerisch und gesanglich Oper und Ballett aufs Korn nahm,
Marionette spielte und in gespieltem Zorn wahre Schimpftiraden auf seine
natürlich sehr gute Violinistin Jann losließ. Das war Programm, wie auch der
vergebliche Versuch, derselben an die Bluse zu gehen, weil das im Text eben
so steht.
Seine Exzesse waren meist unerwartet und hätte seine Truppe nicht
selbst in steter Regelmäßigkeit in Lachsalven ausbrechen müssen, man hätte
in van Veen fast einen verkappten Schauspieler vermuten können. Befremdlich
wirkte lediglich die Tatsache, dass er einige seiner Texte ablesen musste,
vielleicht, weil das Programm "Was ich dir singen wollte" aus Liedern besteht,
die bisher noch nicht auf CD veröffentlicht wurden. Die Qualität minderte das
nicht, kritisch thematisiert waren meistens die großen und kleinen Probleme des
Lebens.
Sein "Kyrie Eleison" endete mit dem vehementen Zuklappen der Bibel,
aus der es so vehement staubte, dass man die Aussage auch ohne den Text
verstanden hätte. In "Flußviertel" besingt er Amsterdam und die Unmöglichkeit,
die Vergangenheit wieder lebendig zu machen, das Haus, in das man nicht mehr
rein kommt.
In einem Zitat über ihn heißt es: "Ich erkenne in dir die Weisheit
des Hofnarren, die Brutalität des Moralisten, während du vorgibst, nur das Ziel
zu verfolgen, uns zu unterhalten." Tatsächlich zwingt van Veen seine Botschaften
niemandem auf, bietet sie nur an. Man kann etwas darin lesen, aber auch einfach
nur zuhören. Und das lohnt sich, schließlich ist Erik van der Wurff, der schon
seit vielen Jahren mit van Veen zusammenarbeitet, ein hervorragender Pianist und
Edith Leerkes eine versierte Gitarristin. Die spanische Perkussionistin Wiebke
Garcia stellte allerdings alle in den Schatten: An Bongos, Harfe, galizischem Dudelsack,
mittelalterlicher Drehleiter und einem einfachen Tisch erzeugte sie
vielfältige Klangkombinationen, war für den Charakter der Musik verantwortlich,
der mal südländisch, mal kontinental-europäisch folkloristisch,
mal leicht keltisch angehaucht war. Manchmal gab es aber auch
einfach nur Gitarre mit Gesang, ganz nach guter alter Liedermachermanier.