Bettina Fillinger schrieb am 02.04.2001 in Schwäbische Zeitung - Gränzbote -

Philosoph mit komödiantischem Talent



TUTTLINGEN
Eine voll besetzte Stadthalle feierte am Freitag Abend einen begnadeten Musiker, Poeten, Tänzer und Clown: Gemeinsam mit seinen sechs Musikerinnen und Musikern begeisterte Herman van Veen sein Publikum mit einem vielseitigen Programm voller Musik und Poesie.

Nach einem schwungvollen Beginn der sechsköpfigen Begleitgruppe wird der 56-jährige Niederländer vom Tuttlinger Publikum enthusiastisch empfangen. Sein erstes Lied ist zugleich Einstieg und Programm. in "Was ich dir singen wollte" vergleicht er sich mit Schopenhauer und Nietzsche, zwei Philosophen, deren Botschaften zu Lebzeiten nicht verstanden wurden. Van Veen möchte seine Wahrheit anders vermitteln, mit Musik: "Die Botschaft staubt so trocken, wenn das Wort allein sie bringt. Die Wahrheit ist viel besser zu ertragen, wenn sie klingt".

So erklärt sich auch die große Besetzung des Abends. Neben seinem langjährigen Bühnenpartner, Erik van der Wurff am Flügel hat van Veen vier junge Musikerinnen und einen jungen Musiker um sich geschart, allesamt hochkarätige Instrumentalisten. Ihre Spielfreude und Begeisterung überträgt sich nicht nur auf das Publikum. Auch van Veen lässt sich mitreißen, greift selber immer wieder zur Geige, eines seiner unzähligen Ausdrucksmittel. Ein anderes ist seine Stimme, die er in seinen Liedern in allen Nuancen einsetzt. Zärtlich fast, melancholisch und nachdenklich, aber auch voller Kraft singt er von Alltagssituationen, sinniert über Alter und Tod, lässt Fantasie und Gefühlen freien Lauf.

Und zwischendurch taucht der Clown auf, der Pantomime und Tänzer, der Komödiant, der auch in Herman van Veen steckt. Wenn er stimmgewaltig und theatralisch ein Plädoyer für eine Oper ohne Sänger ausspricht. Oder wenn er sich als "Sozial-Sexual-Beraterin", im Klartext als "Hure Tante Leonie'' verkleidet und sich über die „Tillels'' der Damen im Publikum auslässt. Eindrucksvoll auch der Vorleser van Veen. Seine Texte gehen meist zurück in die Kindheit, schildern Situationen liebevoll und mit feinem Humor, zum Beispiel seinen ersten Besuch im Badehaus.

Der Künstler hinterlässt mit seiner Gruppe bei den Zuhörern aller Altersklassen einen solch nachhaltigen Ein-druck, dass sie ihn erst nach einer halb-stündigen Zugabe (ungern) entlassen. Gefeiert werden sie alle: die Gitarristin Edith Leerkes, deren spielerisches Kön-nen ebenso überzeugt wie das der bei- den Geigerinnen Maria-Paula Majoor und Jannemien Cnossen. Die vielsei-tige Jann beweist in einigen Einlagen ihre großartige Jazzstimme. Ebenso talentiert Wieke Garcia, die die Musik mit Percussion, Harfe, Dudelsack und Drehleier bereichert. Und als Mann ebenso im Hintergrund wie der Pianist Erik van der Wurff bleibt der Bassist Thomas Dirks.




Bettina Fillinger





terug naar de index