Claudia Teibler schreef in mei 1998 in de Munchner Merkur
Van Veens wundersame Wandlung
Mit 53 ist auch er endgültig erwachsen geworden: Hermann van Veen, der holländische
Musikpoet mit dem Image des ewigen Lausbuben. Während seiner Tournee "Nachbar" machte
er im Münchner Circus Krone Station und bewies, daß der
dem Bild des sensiblen Bengels mittlerweile davonlaufen kann - zumindest
zeitweise. Faszinierende Metamorphose: Dünne, manchmal billige Witzchen sind intelligenten Texten
und erfrischenden Pointen gewichen. Van Veen entwickelt eine herrliche Opernparodie, bei der er allein sämtliche
Figuren singt, beschäftigt sich aber auch mit persönlichen Katastrophen,
die doch jeder irgendwann erfahren hat: Krankheit, Verzweiflung,
Hilfslosigkeit. Er bricht die Stimmungen in raschem Wechsel,setzt einen Gag mitten hinein in die sich
ausbreitende Betroffenheit, läßt eine Erzählung von makabrer Komik
plötzlich in bitteren Ernst umschwenken.
Gleich mit mehreren Chansons wagt sich der einstmals so Leichtfüßige
an den tiefgründigen, tief empfindenden Jacques Brel - und interpretiert dessen große
Lieder ("Je t'aime encore", "Marieke") mit einer dem Original vergleichbaren Dichte und Stimmgewalt.
Doch später: Da waren die dünnbödigen Lieder wieder, die die Betroffenheit
über gesellschaftliche Probleme wecken wollen und in diesem Anliegen so langweilig
allgemein bleiben ("Fatima", "Ben Alibi"). Hier haben die etwas
abgenutzten Van Veen-Klassiker ("Der Rennfahrer", "Lancelot") ihren
Platz, kommt der unvermeidliche Regenschirm als Requisit zum Zuge, werden seichte Clown-Gags
vorgeführt. Nichts davon kann an die Überzeugungskraft des ersten Teils heranreichen,
erst eine Tenor-Parodie gegen Ende wieder halbwegs versöhnen. Dennoch : Ein
erster Schritt zum Image-Wandel ist gemacht - und das Ergebnis ist durchaus
beeindruckend.
Claudia Teibler
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