Claudia Teibler schreef in mei 1998 in de Munchner Merkur

Van Veens wundersame Wandlung


Mit 53 ist auch er endgültig erwachsen geworden: Hermann van Veen, der holländische Musikpoet mit dem Image des ewigen Lausbuben. Während seiner Tournee "Nachbar" machte er im Münchner Circus Krone Station und bewies, daß der dem Bild des sensiblen Bengels mittlerweile davonlaufen kann - zumindest zeitweise. foto: chris janssenFaszinierende Metamorphose: Dünne, manchmal billige Witzchen sind intelligenten Texten und erfrischenden Pointen gewichen. Van Veen entwickelt eine herrliche Opernparodie, bei der er allein sämtliche Figuren singt, beschäftigt sich aber auch mit persönlichen Katastrophen, die doch jeder irgendwann erfahren hat: Krankheit, Verzweiflung, Hilfslosigkeit. Er bricht die Stimmungen in raschem Wechsel,setzt einen Gag mitten hinein in die sich ausbreitende Betroffenheit, läßt eine Erzählung von makabrer Komik plötzlich in bitteren Ernst umschwenken.
Gleich mit mehreren Chansons wagt sich der einstmals so Leichtfüßige an den tiefgründigen, tief empfindenden Jacques Brel - und interpretiert dessen große Lieder ("Je t'aime encore", "Marieke") mit einer dem Original vergleichbaren Dichte und Stimmgewalt.
Doch später: Da waren die dünnbödigen Lieder wieder, die die Betroffenheit über gesellschaftliche Probleme wecken wollen und in diesem Anliegen so langweilig allgemein bleiben ("Fatima", "Ben Alibi"). Hier haben die etwas abgenutzten Van Veen-Klassiker ("Der Rennfahrer", "Lancelot") ihren Platz, kommt der unvermeidliche Regenschirm als Requisit zum Zuge, werden seichte Clown-Gags foto: chris janssen vorgeführt. Nichts davon kann an die Überzeugungskraft des ersten Teils heranreichen, erst eine Tenor-Parodie gegen Ende wieder halbwegs versöhnen. Dennoch : Ein erster Schritt zum Image-Wandel ist gemacht - und das Ergebnis ist durchaus beeindruckend.

Claudia Teibler



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