Neue Ruhr Zeitung
Jan Plate

Herman heeßt er ...

1993


Seit nahezu 30 Jahren verunsichert der Holländer Herman van Veen sein Publikum. In seiner Heimat gilt er als Kabarettist, in Frankreich als singender Pantomime, in Deutschland als Liedermacher, in Amerika als der Performer „Herman van Who". Gelungen ist ihm dies mit Geschichten für „Kinder bis 107" und mittlerweile mehr als 50 Platten in vier Sprachen. Mit seinem neuesten Programm ist Herman van Veen nun bis zum 30. März 1993 in Deutschland unterwegs.

Während eines Konzerts in Ost-Berlin im Herbst 1989 schloß Herman van Veen mit dem Publikum eine Wette ab: In einem Jahr wollte er es zur selben Stunde in Paris treffen - „wer nicht kommt, zahlt 100 Mark". Unruhe in den Reihen, grummelnde Aufpasser, die Schäferhunde scharf, das Publikum verwirrt, erinnert er sich im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Für ihn sei klar gewesen: Entweder gibt es ein Blutbad oder die Mauer fällt.

Der Eulenspiegel sieht die Dinge von einem anderen Standpunkt als die meisten Mitmenschen. Es sei ein einsamer Standpunkt, bei dem „ich ständig das Gefühl habe, legitim isoliert zu sein", sagt der Holländer. So beweist er in seinem neuen Programm, daß mit einem Kaninchen nicht ungestraft gezaubert werden kann. „Das Kaninchen ist auch jemand. Vielleicht hat es einen Bruder, der stärker ist als ich."

foto: chris janssen 1997 Van Veens Karriere ist im Grunde ein Protest gegen sein Musikstudium. Fünf Jahre lang habe er „Tote analysiert: Schubert, Schumann, Wagner". Als 23jähriger gründete er 1968, von der Commedia dell´ Arte inspiriert, in Utrecht das Musiktheater „Harlekijn" - eine clowneske Einmannshow. Heute ist „Harlekijn" Produktions- und Ausbildungsstätte freier Gruppen. Daneben komponierte er etliche Film- und Ballettmusiken, führte bei selbstverfaßten Theaterstücken Regie, schrieb Kinderbücher. Dazu ist er Mitbegründer der Stiftung „Colombine", die Gesundheits- und Umweltprojekte in Europa und in Entwicklungsländern fördert. Außerdem war er 25 Jahre Goodwill-Botschafter des Kinderhilfswerkes der Vereinten Nationen UNICEF. Sein größter Traum: „In allen Weltstädten einen Baum zu pflanzen als das Grab des unbekannten Kindes, an dem jeder König und Minister seinen Kranz niederlegt."

Dieses Engagement allerdings fließt nicht in sein aktuelles Programm ein. Plakativ Politisches will er auf der Bühne vermeiden. „Sollen doch die Menschen das tun, wovon sie selbst überzeugt sind, und nicht, weil es ihnen Herman van Veen vormacht!"


Neue Ruhr Zeitung 1992 Jan Plate



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